Campus Tönisvorst-Gelände: Grünzug, Frischluftschneise oder nur ein Acker?

Einer der Funken der Diskussion um die Idee „Campus Tönisvorst“ entzündet sich am Standort. Viele Menschen, die sich betroffen fühlen, und sogar ein Naturschutzverband beklagen sich öffentlich über den Verlust eines „wertvollen Stücks ökologischer Fläche“. In Leserbriefen und in geschlossenen Internetforen sozialer Netzwerke wird der, bislang wenig beachtete, Acker an der Vorster Straße als „grüne Lunge am Wasserturm“ bezeichnet, manche sprechen von hunderten oder tausenden von Bäumen, die angeblich gefällt werden sollen.

Es macht den Eindruck, dass die Öffentlichkeit (billigend) im Unklaren über die Lage gelassen werden soll. So ergibt sich bei vielen die falsche Schlussfolgerung, dass womöglich der Stadtpark am Wasserturm bebaut werden soll. Das ist nicht so!

Bei aller Kritik beruft man sich auch auf den Regionalplan der Bezirksregierung Düsseldorf. Genauso wollen wir es auch machen, damit klar wird, was dort wirklich zu finden ist.

Bebaut werden soll ausschließlich die Ackerfläche (blau eingefasst und schraffiert) – nicht der Park am Wasserturm

Was ist mit der Frischluftschneise?

Frischluftschneisen zeichnen sich per Definition dadurch aus, dass sie in der Regel mindestens 1.000 Meter breit, bandförmig und zum Innenstadtbereich hin abfallend sein sollten. Beispiele für Frischluftschneisen sind die Latumer- und die Hülser Bruchlandschaften für Krefeld oder der breite Grüngürtel um die Kölner Innenstadt.

Die hier gemeinte Frischluftschneise, nennt sich „Krefeld-Willicher-Band“ und verläuft mehr oder weniger genau im Bereich der Autobahn A44 und in der Breite darüber hinaus über den Norden von Willich und Meerbusch. Sie beginnt im Westen an den Niers-Niederungen am Flughafen Mönchengladbach bzw. der Ilvericher Rheinschlinge im Osten. Sie hat im Bereich Forstwald/ Laschenhütte dann eine nördliche Spitze die schließlich der großräumigen Frischluftversorgung von St. Tönis dient und endet quasi mitten über dem Ort. Man erkennt also an dieser Dimension, dass das mitnichten eine kleine, bodennahe Luftbewegung ist.

Meteorologe bestätigt: Frischtluftschneise an der Vorster Straße physikalisch nicht möglich

Das ist die Frischluftschneise, die laut Kritikerinnen und Kritikern durch die Bebauung an der Vorster Straße geschädigt werden soll. Nun ist diese Ackerfläche vor dem Wasserturm, weder bandförmig, nur ca. 250 Meter breit und liegt niedriger als der Bereich, den sie angeblich belüften soll.

Zur Sicherheit haben wir in der Angelegenheit einen international angesehenen Diplom-Meteorologen eines schweizerischen Wetterdienstes befragt, der uns das Physik-Grundwissen insofern bestätigte, als das kalte, frische Luft niemals „bergauf“ strömt. Er beantwortete die Frage nach den Gegebenheiten und der Funktion dieser angeblichen Frischluftschneise mit, „das geht nicht, niemals“.

Hier sollte der breite Zugang einer angeblichen Frischluft-Schneise zur Innenstadt sein, stattdessen ist dort seit Jahrzehnten Wohnbebauung

Außerdem fehlt – wenn man der bisherigen Diskussionslogik der Kritikerinnen und Kritikern folgen würde – im Bereich Vorster Straße/ Corneliusstraße ohnehin der breite Zugang zur Innenstadt. Dem steht dort bereits seit Jahrzehnten Bebauung entgegen.

Fazit: Um die überregionale Frischluftschneise „Krefeld-Willicher-Band“ mit Auswirkungen für St. Tönis zu stören, müsste man wohl das Schulzentrum in doppelter und dreifacher Größe, viele Male übereinander gestapelt mitten im Forstwald neu bauen. An der Vorster Straße gibt es nach unserem Verständnis offensichtlich keine Frischluft-Schneise.

Was ist mit dem schönen Grünzug?

Kommen wir als nächstes zum angeblichen Grünzug, der bebaut werden soll: Der wenige Meter schmale Streifen entlang der Düsseldorfer Straße, der sich kartografisch an die Ausläufer der vorangehend erwähnten Frischluftschneise im Bereich Laschenhütte/ Feldburgweg vom Südring anschließend bis zur Markant-Tankstelle ergibt, ist eine sogenannte „Siedlungsgliederung“ und keine wertvolle Grünanlage.

Durch eine solche planerische Maßnahme schafft man Abstände für Bebauung. So wird hier Naherholung (Park am Wasserturm)/ Wohnen (Westend/ Verbindungsstraße/ Heideweg) und Gewerbe (Höhenhöfe/ Tempelsweg) voneinander getrennt. Das ist auch der Grund, weshalb die Bezirksregierung hier nur die angedachten Baumaßnahmen erlauben würden, jedoch keine Wohn- oder Gewerbe-Bebauung im gleichen Ausmaß möglich wäre.

Zur Wiederholung: Es werden nach derzeitiger Konzeptidee keine Bäume gefällt, es soll nicht der Park am Wasserturm bebaut werden, davon war nie die Rede; zwei Missverständnisse, welche gerne ungeklärt stehen gelassen werden!

Wird denn wertvoller Boden versiegelt?

Bleibt noch der oft reklamierte ökologische Wert und Nutzen des Bodens, des, aktuell als Ackerfläche genutzten, Grundstücks an der Vorster Straße. Die Fläche hat laut Regionalplan keinen Mehrwert für Biotoplandschaften und ähnliches und lässt sich nach dem Regionalplan aufgrund ihrer Lage und Beschaffenheit auch nicht dazu aufwerten.

Der Boden als solcher genießt in diesem Bereich auch keinen besonderen Schutz als Puffer- oder Ausgleichsboden und ist auch nicht besonders wertvoll für den Ausgleich klimaschädlicher Treibhausgase. Wenn etwas davon zutreffend wäre, käme die seit Jahrzehnten betriebene intensive Landwirtschaft dort auch nicht in Frage und sicherlich würde man sich auch sonst mehr um den teilweise vermüllten Zustand bemühen, der bei genauer Betrachtung oftmals offensichtlich wird.

Wertvolle Böden wurden in Tönisvorst bislang ohne Protest bebaut

Richtig ist, wir haben solche wertvollen Böden und Flächen in Tönisvorst, wenn man in den Regionalplan schaut. Viele davon wurden in den vergangenen Jahren ohne Reklamationen von Umweltverbänden oder von Bürgerinnen und Bürgern bebaut. Allein in den letzten Jahren beispielsweise, die Fläche am Gewerbegebiet Höhenhöfe in Richtung Südring, die Erweiterung der Wohnbebauung im Innenbereich von Laschenhütte und die Schaffung von Vorst-Nord.