In der gestrigen Sitzung des Hauptausschusses wurde spontan unter Tagesordnungspunkt 18 ein Antrag der CDU-Fraktion zur Umsetzung des sogenannten Tübinger Modells in Tönisvorst beraten.
Die CDU regte an einen Appell an den Kreis Viersen, mit einem Plädoyer für das Corona Öffnungsmodell, welches in Tübingen (Baden-Württemberg) praktiziert wird, zu richten oder dieses in Eigenregie für Tönisvorst zu etablieren.
Was ist das „Tübinger Modell“?
Dieses Modell sieht vor, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mehr oder weniger frei in der Stadt und in allen öffentlichen Einrichtungen und Geschäften bewegen können, wenn ein tagesaktueller Negativbefund eines Corona-Schnelltests vorliegt. In Tübingen wird dies an einem zentralen Punkt in der Altstadt gewährleistet und die negativ getesteten Personen erhalten dann ein sogenanntes Tagesticket, welches zum Zutritt berechtigt.
Initiativen zur Normalisierung des Geschäfts- und insbesondere des Kulturbetriebes halten wir für wichtig und sinnvoll, sollten dabei jedoch die Rahmenbedingungen und Variablen im Auge behalten. Das Infektionsgeschehen im Kreis Viersen nimmt momentan wieder zügig zu, gleichzeitig ist die Versorgung von Betrieben, Kindertageseinrichtungen, Schulen und vielen anderen Bereichen, in denen täglich viele Menschen zusammenkommen, mit Schnelltests nicht zuverlässig gewährleistet. Auch die Impfungen kommen nach wie vor nicht so schnell voran, wie es wünschenswert ist.
Entscheidung von gesundheitlicher Brisanz erfordert Beratung
Gerne hätten wir uns mit etwas Vorlauf zum Antrag der CDU-Fraktion in unserer Fraktionssitzung beraten, um alle Punkte sorgsam abzuwägen, da es hier schlussendlich um eine Entscheidung von höchster gesundheitlicher Brisanz für alle Bürgerinnen und Bürger in Tönisvorst geht, die man nicht „zwischen Tür und Angel“ diskutieren sollte.
Nach unserer Auffassung kann man zudem die Modellregion Tübingen mit ihren 89.000 Einwohnern in einer Kommune nicht mit der Stadt Tönisvorst oder dem Kreis Viersen, mit mehr als dreimal so viel Einwohnern verteilt über viele Stadtzentren, vergleichen.
Öffnungen wünschenswert, wenn die Rahmenbedingungen passen
Wir verstehen das viele Unternehmerinnen und Unternehmer sich eine Öffnung wünschen, jedoch sehen wir momentan weder beim Kreis neun unserer Stadt das personelle Potenzial eine solche Abgrenzungsstrategie und begleitende Testungen durchzuführen. Nach Verwaltungsangaben haben sich in Tönisvorst lediglich zwei Kooperationspartner gefunden, die bereit wären solche Testungen durchzuführen. Das Gesundheitsamt des Kreises hat zudem leider in den vergangenen Monaten, nach unseren Erfahrungen oft gezeigt, dass es nicht in der Lage ist eine einwandfreie und zuverlässige Kontaktnachverfolgung von potenziell infizierten oder sicher infizierten Person durchzuführen.
Infektionsgeschehen in Tübingen nimmt zu
Von Gesundheitsexperten und Virologen wird das Tübinger Modell inzwischen auch als schwierig betrachtet, da dort die Ansteckungszahlen momentan im Trend stark steigend sind und damit das Risiko in diesem Modellversuch steigt. Vor sieben Tagen lag die Inzidenz dort bei 45,2, gestern bei 65,2. Die 7-Tages-Inzidenz im Landkreis Tübingen liegt seit mindestens 3 Tagen bei über 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern.
Umsetzung zu späterem Zeitpunkt denkbar
Wir sind gerne bereit bei einer Inzidenz im mittleren zweistelligen Bereich und erheblichem Fortschritt der Impfungen den Vorschlag wieder aufzugreifen und sichere Öffnungen auch in Tönisvorst durchzuführen. Unter den aktuellen pandemischen Gegebenheiten und der politischen Verwirrung auf Landes- und Bundesebene in den vergangenen Tagen, war das Thema für uns gestern leider indiskutabel, weshalb wir den Antrag vorerst abgelehnt haben.
In einer früheren Version lautete die Überschrift „Tübinger Modell“ in Tönisvorst für uns aktuell indiskutabel. Zur besseren inhaltlichen Verständlichkeit haben wir die Überschrift geändert.